Stolpersteine erinnern an Menschen, die vom Naziregime ermordet wurden, nur weil sie Juden waren. Seit über 20 Jahren verlegt der Künstler Gunter Demnig Stolpersteine in Deutschland und in Europa. 47 Stolpersteine erinnern in Marsberg an ermordete Juden.
Aber wie war es zur Ermordung der jüdischen Mitbürger gekommen?
Die Juden lebten schon lange in Marsberg oder waren aus unterschiedlichsten Gründen zugezogen. Sie verdienten unter anderem als Händler, fliegende Händler, Versicherungsvertreter, Lehrer, Metzger oder Gastwirte ihren Lebensunterhalt und besaßen Häuser und Ländereien.
Nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland im Jahr 1933 erlebten jüdische Bürger eine wachsende Ausgrenzung. Boykott-Aufrufe der Nazis führten zum Rückgang der Geschäfte, denn Nichtjuden wagten sich nicht mehr in jüdische Geschäfte.
1934: die jüdische Schule (Paulinenstraße) in Niedermarsberg wurde geschlossen.
1935: Die Nürnberger Gesetze stempelten die jüdischen Mitbürger zu Menschen minderen Rechts. Das Reichsbürgergesetz teilte die deutsche Bevölkerung in Reichsbürger, in „Angehörige deutschen oder artverwandten Blutes“ und „Angehörige rassefremden Volkstums“. Die Diskriminierung der Juden fand in aller Öffentlichkeit statt und der Antisemitismus war in einem Gesetz verankert.
1937: Berufsverbot für „nichtarische“ Viehhändler.
1938: Häuser waren häufig völlig verschuldet und wurden unter Wert verkauft. Juden waren nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Lehre zugelassen. Die Schulpflicht für Juden lief ab. Juden wurde kein Wandergewerbeschein mehr ausgestellt.
1938: Novemberpogrom – Zerstörungswut der Schlägertrupps
Zu der Zeit war das Ziel der nationalsozialistischen Judenpolitik die Auswanderung der Juden. Alle in Deutschland lebenden Juden mussten sich schriftlich verpflichten, ihre Auswanderung beschleunigt zu betreiben und ihren Besitz, in der Regel unter Wert, zu verkaufen. Zur Emigration waren umfangreiche Formalitäten und finanzielle Mittel notwendig, die nicht Jeder aufbringen konnte. In allen Staaten galten eng begrenzte Quoten für jüdische Einwanderer und es mussten teure Visa bezahlt werden. Die USA forderten zusätzlich noch eine Bürgschaftserklärung eines amerikanischen Staatsbürgers, dass die Einwanderer dem Staat niemals zur Last fallen würden. Der einzige Ort, wo Immigranten ungezählt einreisen durften, ohne dass Visa oder Gebühren von ihnen gefordert wurden, war Schanghai. Aber für viele war die Überfahrt fast um die halbe Welt unbezahlbar. Der Erlös von unter Wert verkauften Häusern und Ländereien musste auf ein Sperrkonto eingezahlt werden, von dem monatlich nur eine festgelegte Summe abgehoben werden durfte. Häufig wurde der Verkaufserlös und sonstiges Vermögen entschädigungslos eingezogen und ihnen blieb nur noch ein befristetes Wohnrecht oder die Möglichkeit im ehemaligen Haus zur Miete zu wohnen. Viele Juden lebten unter erbärmlichen Verhältnissen und waren auf die materielle Unterstützung einiger Nachbarn angewiesen, denn sie wurden grundsätzlich von der öffentlichen Fürsorge ausgeschlossen.
Schon am nächsten Tag nach der Pogromnacht verhängte die Gestapo für viele Juden zur Durchsetzung von Arisierungsverhandlungen die sogenannte Schutzhaft. Dabei handelte es sich um eine Zwangsenteignung des Besitzes jüdischer Bürger zugunsten von Nichtjuden, also Ariern.
1939: Nach dem Beginn des 2. Weltkrieges im September war die Auswanderung/Emigration nicht mehr zu verwirklichen.
1940: Deutschland überfällt die Niederlande. Juden werden jetzt auch dort verfolgt.
1941: Im Frühjahr wird für jüdische Männer Zwangsarbeit angeordnet, z.B. bei Hoch- und Tiefbaufirmen, Baufirmen, dem Klostergut in Bredelar, Gut Wohlbedacht oder für Gleisarbeiten im Auftrag der Reichsbahnen. Die Unterbringung erfolgte in Arbeitstrupps. Als man während des Krieges zur Versorgung der Bevölkerung Lebensmittelkarten einführte, wurden Juden Schritt für Schritt von allen Lebensmittelsonderzuteilungen ausgeschlossen.
1942 erfolgte der erste große Transport mit über 1000 Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg in das Ghetto von Zamosc in Ostpolen. Es folgten Deportationen nach Theresienstadt, Auschwitz, Bergen-Belsen, Treblinka, Riga, Sobibor…
Wer zur Zwangsarbeit verpflichtet oder „Halbjude“ war, wurde von der Deportation zurückgestellt, aber gegen Ende des Krieges wurden auch sie verhaftet und deportiert. Ihnen drohte in der Regel Sklavenarbeit in den KZs. Wen man nach der Deportation in eines der KZs als „arbeitsunfähig“ eingeschätzte, der wurde sofort in den Gaskammern ermordet.
Viele wurden Opfer von Hunger und Infektionskrankheiten im Ghetto oder wurden bei einer der Erschießungsaktionen ermordet.
Eine Broschüre mit Informationen zum Schicksal der ermordeten Marsberger Juden, an die mit Stolpersteinen erinnert wird, ist im Stadtarchiv Marsberg erhältlich.
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Kontaktdaten Stadtarchiv Marsberg
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Bundesstraße 33
Nur wenige Juden überlebten den Holocaust.